Stadtführung Sintra
Sintra, eine Stadt wie aus einem Märchen entnommen. Die Kleinstadt Sintra mit knapp 10.000 Einwohnern ist bekannt wegen ihres milden Klimas und der Schönheit ihrer Landschaft – sie ist sicherlich eine der malerischten Städte Portugals. Die beeindruckende Lage am Nordhang eines Granitgebirges, zwischen Felsen, Wäldern und Süßwasserquellen, machte diese Gegend zu einem der beliebtesten Rückzugsorte der portugiesischen Monarchen. Das kühle Klima zog im 19. Jh. den portugiesischen Adel und die Elite an, die hier exquisite Paläste, extravagante Residenzen und Ziergärten von heiterer Schönheit errichteten. Bekannt wegen seiner Paläste wurde Sintra 1995 Weltkulturerbe der UNESCO.
Stadtführung Sintra
Sintra stellt sich vor
Die ältesten Zeugnisse menschlicher Besiedlung befinden sich auf einem Bergrücken am Nordhang der Serra de Sintra. Es handelt sich um die paläolithische Siedlung Penha Verde, die durch zahlreiche Utensilien belegt ist. Die Freifläche von São Pedro de Penaferrim, in der Nähe der Kapelle der maurischen Burg, zeugt von einer neolithischen Besiedlung. Eine Besiedlung, die durch das Vorhandensein von dekorierter Keramik in Verbindung mit einer in Feuerstein gehauenen Steinindustrie belegt ist, die durch die Radiokarbonmethode auf den Beginn des 5. Jahrtausends v. Chr. datiert wird. Verschiedene Spuren der Bronzezeit tauchen an verschiedenen Orten in der Serra de Sintra auf. Aus der spätbronzezeitlichen oder orientalischen Periode (9.-6. Jh. v. Chr.) stammt eine bedeutende und ausgedehnte Siedlung unterhalb der maurischen Burg.
Zur Zeit des Römischen Reiches gehörte das gesamte Gebiet von Sintra zum ausgedehnten Territorium der civitas olisiponense, der Caesar um 49 v. Chr. oder Octavian um 30 v. Chr. den Status eines Municipium Civium Romanorum verlieh. Unter der heutigen Stadt Sintra wurden einzelne römische Überreste gefunden, die von einer Besiedelung seit dem 2. Jh. v. Chr. bis 5. Jh. n. Chr. bewohnten Lebensraum schließen lassen.
Während der muslimischen Herrschaft erscheinen die ersten Texte, die sich ausdrücklich auf die Stadt Sintra (Xintara oder Shantara auf Arabisch) beziehen. Sintra wird im 10. Jh. ein bedeutendes Wirtschaftszentrum, dass der Kreuzfahrer Osberno zur Zeit der Rückeroberung als „das reichste Handelszentrum in ganz Afrika und einem großen Teil Europas“ bezeichnete.
Als wichtiges städtisches und wirtschaftliches Zentrum wurde Sintra und ihre Burg während der Zeit der christlichen Rückeroberung im 11. Jh., nach dem Fall des Kalifats von Córdoba, in eine Zeit der Instabilität verwickelt. König Alfons VI. nahm die Stadt und die Burganlage von Sintra 1093 in Besitz. Bald nach der Übergabe an Afonso VI. wurde Sintra von den Almoraviden erobert. Nur dank der Bemühungen von Heinrich von Burgund, der 1096 zum Grafen von Portucale ernannt wurde, konnte die Burg von Sintra 1109 von ihm rückerobert werden. Es kam immer wieder zu sporadischen Übergriffen und erst nach der Eroberung Lissabons durch König Afonso Henriques im Jahr 1147 wurde Sintra endgültig in das christliche Gebiet integriert. Im Jahr 1154 verlieh König Afonso Henriques der Stadt Sintra eine Urkunde mit entsprechenden Privilegien. Mit dieser Urkunde wurde die Gemeinde Sintra gegründet, die ein riesiges Gebiet umfasste. In diesen frühen Zeiten gab es in Sintra eine bedeutende jüdische Gemeinde, die eine Synagoge und ein eigenes Viertel, die Judiaria, besaß.
Während des 12. und 13. Jh. besaßen verschiedene Klöster und militärische Orden Häuser, Bauernhöfe, Wassermühlen und Weinberge. Historische Aufzeichnungen geben auskunft über eine große Anzahl von Schenkungen.
Nach der christlichen Rückeroberung und während der Phase der Strukturierung der königlichen Macht, die bis zur Herrschaft von König Dinis (1279-1325) andauerte, gelang es Sintra, Christen und Mauren innerhalb einer weltlichen Tradition zu assimilieren. Die große Pestepidemie, die im 14. Jh. ein Viertel der europäischen Bevölkerung dezimierte, erreichte Sintra im Jahr 1348. Aufgrund des kalten und feuchten Klimas in Sintra, das eine rasche Ausbreitung der Krankheit begünstigte, muss die Pest in der Stadt eine beträchtliche Anzahl von Todesfällen verursacht haben.
Die Bedeutung der Stadt Sintra in den königlichen Entdeckungsfahrten führte Ende des 15. Jh. zur Initiative der Königin D. Leonor, Ehefrau von König João II., zur Verbesserung der wichtigsten Wohltätigkeits- und Hilfseinrichtung, dem Hospital e Gafaria do Espírito Santo, von dem heute noch die Kapelle São Lázaro erhalten ist.
Im Übergang vom 15. zum 16. Jh. veränderte und bereicherte D. Manuel I. (1495-1521) die Stadt, die Berge und ihre Umgebung mit einer neuen und umfangreichen Baukampagne im Stadtpalast, die nach seiner Reise nach Kastilien und Aragonien stattfand, die den Eindruck widerspiegelt, den der spanische Mudéjarstil auf den Monarchen hinterlassen hatte. Die Stadt wurde zur Sommerresidenz der portugiesischen Kö nige.
In der zweiten Hälfte des 16. Jh. war Sintra „ein höfisches Zentrum par excellence, begünstigt durch die Anwesenheit einer aufstrebenden Aristokratie, die hier ihre Herrensitze und Ländereien errichtete“ (V. Sertão).
Nach dem Tod von Kardinal D. Henrique im 16. Jh. wurde Philipp II. als König von Portugal anerkannt, das bis 1640 in einer Union mit den benachbarten Königreichen Spaniens bleiben sollte. In diesem Zeitraum von sechzig Jahren wurde die Bedeutung, die Sintra jahrhundertelang inne hatte, auf Vila Viçosa übertragen, den Hauptort des Hauses Bragança, dessen Herzöge, Nachkommen von König João I., sich als Erben des portugiesischen Throns betrachteten.
Das grosse Meerbeben 1755, das grosse Teil der Stadt Lissabon zerstörte, verusachte auch in der Stadt Sintra und ihrer Umgebung große Schäden und forderte zahlreiche Todesopfer. In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts wurden Restaurierungsarbeiten am Stadtpalast und grossen Teil der Stadt durchgeführt.
Ende des 18. und praktisch während des gesamten 19. Jh. entdeckte der romantische Geist ausländischer Reisender und der portugiesischen Aristokratie den Zauber von Sintra, die Exotik seiner Landschaft und seines Klimas wieder. Auch ausländische Magnaten, liessen sich hier in Palästen und Chalets nieder, die sie entsprechend den Möglichkeiten dieser ungewöhnlichen natürlichen Umgebung bauten oder umbauten.
Das große künstlerische Projekt dieses Jahrhunderts in Sintra ist zweifellos der Pena-Palast, ein bemerkenswertes Werk der portugiesischen Romantik, das auf die Initiative des königlichen Gemahls Dom Fernando II, Ehemann von Königin Maria II (1834-1853), einem Deutschen aus dem Hause Sachsen-Cobourg-Gotha, zurückgeht. Der Palast, der auf den Resten des alten Jeronimo-Klosters aus dem 16. Jh. erbaut wurde – wobei jedoch wesentliche Teile des Klosters (die Kirche, der Kreuzgang und einige Nebengebäude) erhalten blieben – zeichnet sich durch eine einzigartige eklektische Architektur aus, die in der portugiesischen Kunst keine Kontinuität hatte.
Im Jahr 1854 wurde der erste Vertrag über den Bau einer Eisenbahnlinie unterzeichnet, die die Stadt mit Lissabon verbinden sollte. Nach mehreren erfolglosen Versuchen wurde die Strecke schließlich 1887 eingeweiht.
Zu Beginn des 20. Jh. war Sintra ein bekannter Sommerurlaubsort und Wohnort für Aristokraten und Millionäre. Auch portugiesische und ausländische Künstler arbeiteten oder suchten hier Inspiration. 1809 schrieb Lord Byron an seinen Freund Francis Hodgson, dass das Dorf Sintra vielleicht das schönste der Welt sei.
Beispiel für einen Stadtrundgang
Auf einem Gang durch das historische Zentrum besichtigen wir den Nationalpalast Palácio Nacional de Sintra. Dieser Palast wurde Anfang des 15. Jh. erbaut und diente bis ins 20. Jh. als Sommerresidenz der portugiesischen Könige. Der Palast zeigt die Abfolge der verschiedenen portugiesischen Stile über die Jahrhunderte hinweg, hervorzuheben die Entwicklung der Fliesenkunst. Die minimalistische gotische Außenfassade wird von zwei riesigen Schornsteinen dominiert, die wie Türme aus der Küche ragen, während im Inneren des Palastes dekorativ gestrichene Säle an die erlebnisreiche Geschichte des Palastes erinnern. Der bekannteste dieser Räume ist das Elster-Zimmer (Sala de Pegas), in dem Gemälde mit Elstern den Tratsch und die Intrigen der Hofdamen illustrieren.
Ganz in der Nähe liegt das ehemalige Herrenhaus Quinta da Regaleira, im gotischen Stil erbaut und bekannt vor allem wegen seiner 4 ha grossen weitläufigen und wunderschönen Parkanlage mit Grotten, Höhlen, einem kleinen See und Brücken. Die Quinta wurde zu Beginn des 20. Jh. erbaut. Besonders sehenswert ist die Kapelle Santíssima Trindade, denn von ihrer Krypta aus kann man tief in einen gewaltigen Initiationsbrunnen hinabsteigen, , der der Legende nach von Freimaurern und Templern benutzt wurde. Von hier aus erreicht man eine Höhle und gelangt schließlich zurück in die Gartenanlage.
Vom Dorf aus kann man das Castelo dos Mouros inmitten einer magischen Nebellandschaft erblicken. Diese militärische Festung islamischen Ursprungs wurde zwischen dem 8. und 9. Jh. erbaut und hat seit der Rückeroberung durch den ersten portugiesischen König Afonso Henriques (1109-1185), der Lissabon und Sintra eroberte, mehrere Eingriffe erfahren.
Auf dem Gipfel der Serra de Sintra wurde der bunte, aussergewöhnliche Nationalpalast Palácio Nacional da Pena im 19. Jh. über den Ruinen eines Klosters errichtet. Bei diesem wunderschönen, malerischen Märchenschloss handelt es sich um einen Protypus der porutgiesischen Romantik im Eklektizismus-Stil: es wurde von König Ferdinand II. von Sachsen Coburg-Gotha Coburgo-Gotha 1838 erbaut und diente Ludwig II. von Bayern als Vorbild für Neuschwanstein. Die Aussicht von den Terrassen ist einmalig. Das Schloss wird von einer prächtigen Gartenanlage mit seiner subtropischen Vegetation umgeben, in dem kleine Rundgänge angelegt sind.