Dei Wallfahrt von El Rocío
Die Wallfahrt von El Rocío ist die wichtigste Wallfahrt in Andalusien, die jedes Jahr zu Pfingsten stattfindet. Sie wird zu Ehren der Jungfrau von El Rocío durchgeführt und ist, wie die Prozessionen der Karwoche, ein Zeichen der katholischen Volksreligiosität, die einen volkstümlichen, aber auch einen religiösen Charakter hat. Sie wurde bereits 1965 als Fest von nationalem touristischem Interesse und 1980 als Fest von internationalem touristischem Interesse eingestuft. Seit Mitte des 20. Jahrhunderts hat sie ein großes Wachstum erlebt.
Die Virgen del Rocío, auch bekannt als „Blanca Paloma“ (Weisse Taube) oder „Nuestra Señora de las Marismas“ (Königin der Sümpfe), ist eine Marienskulptur, die in ihrem Heiligtum im Dorf El Rocío (Provinz Huelva) verehrt wird.
Diese Wallfahrt geht auf eine Legende zurück: Im 15. Jahrhundert bemerkte ein Jäger oder Hirte, als er sich im Wald La Rocina, in der Gegend der Stadt Almonte, befand, an der Heftigkeit des Gebells seines Hundes, dass etwas in diesem Wald verborgen war. Er durchquerte dornige Brombeersträucher, um zu diesem Wälchen zu gelangen, und fand in einem hohlen Stamm die Skulptur einer Marienfigur. Sie war von großer Statur und ihre Schönheit war überwältigend. Die ebenso kostbare wie unerwartete Entdeckung erfüllte den Mann mit einer unermesslichen Freude. Er trug das Bildnis auf seinen Schultern ins freie Feld und wollte sie bis in das drei Meilen entfernte Dorf Almonte bringen. Er setzte seine frommen Bemühungen fort, schlief aber aufgrund der Last erschöpft ein. Als er aufwachte, war die Marienskulptur verschwunden. Er kehrte zu dem Ort zurück, an dem er sie gefunden hatte, und traf sie dort an. Er kam nach Almonte und erzählte, was geschehen war, woraufhin der Klerus und das Kapitel dieser Stadt sich auf den Weg machten. Sie fanden das Marienbildnis an dem Ort und auf die Weise vor, wie der Mann es ihnen berichtet hatte. Ihre Schönheit war unversehrt geblieben, obwohl sie lange Zeit Regen, Sonnenschein und Stürmen ausgesetzt gewesen war. Sie holten das Marienbildnis aus dem Stamm und stellten es in der Hauptkirche Almontes auf, während im Wald eine kleine Einsiedelei für sie gebaut wurde. Es wurde ein Altar errichtet, um diese Skulptur zur Schau zu stellen, die den Namen „Virgen de Las Rocinas“ erhielt.
Laut einigen Historikern soll die Marienskulptur aus dem 13. Jahrhundert stammen, da sie Ähnlichkeiten mit anderen Marienskulpturen aus dieser Zeit aufzeigt. Andere Historiker wiederum datieren sie auf das 15. Jahrhundert, die Zeit, die mit der Entstehung der Legende zusammenfällt. Zwischen dem 16. und 17. Jahrhundert wurde sie nach der Mode des habsburgischen Spaniens gekleidet. Die Marienfigur trägt ein Jesuskind in ihrer linken Hand – da es aber stilistisch nicht mit der Marienfigur übereinstimmt, muss es später datiert werden.
Das Erdbeben von Lissabon und die Jungfrau von El Rocío
Alfonso X. eroberte Almonte in der zweiten Hälfte des 13. Jahrhunderts. Er soll es gewesen sein, der die Einsiedelei zu Ehren der Jungfrau an dem Ort Las Rocinas errichtete. Das erste historische Dokument, das über El Rocío existiert, stammt aus dem Jahr 1335, in der „Santa María de Las Rocinas“ zum ersten Mal auftaucht. Zwischen 1342 und 1350 wird König Alfons XI. im „Libro de la montería“ (Jagdbuch) folgendes festhalten:
„Im Land von Niebla gibt es ein Land, das als Las Rocinas bekannt ist, und es ist flach und besteht nur aus Wald, und es gibt immer Schweine… und das beste Waldgebiet ist eine Kirche, die als Sancta Maria de las Roçinas bekannt ist, und eine andere Kirche, die als Sancta Olalla bekannt ist.“
Es wird berichtet, dass sich im Jahr 1338 eine Bruderschaft von Jägern aus Mures (der heutigen Gemeinde Villamanrique de la Condesa) in der Nähe von Santa María de las Rocinas niedergelassen hat.
Das erste Mal wird diese Jungfrau als „Virgen del Rocío“ in einem Dokument des Stadtrats von Almonte vom 25. April 1653 erwähnt, das erste Jahr, in dem eine Pilgerreise nach El Rocío stattfand. Es ist das Jahr, in dem die Stadt Almonte die Jungfrau von El Rocío zu ihrer Schutzpatronin ernennt.
Das Erdbeben von Lissabon im Jahr 1755 zerstörte die erste Einsiedelei, in der die Marienfigur untergebracht war, woraufhin sie in die Pfarrkirche von Almonte gebracht wurde. Die Arbeiten an der neuen Einsiedelei wurden 1760 abgeschlossen, und die Jungfrau wieder nach El Rocío zurückgebracht.
Zu Beginn des 19. Jahrhunderts marschierten französische Truppen in Spanien ein. Um die Marienfigur von El Rocío zu schützen, wurde sie von ihrer Einsiedelei erneut in die Pfarrkirche von Almonte überführt. Die Franzosen drohten, die Stadt Almonte zu belagern, wenn sie nicht dem neuen König Joseph I. Bonaparte die Treue schwören würde. 1810 mussten sich die Gemeinderäte und der Pfarrer nach La Palma del Condado begeben, um vor dem Kommandanten einen Eid auf den neuen König zu schwören. Das Gebiet wurde von den Franzosen besetzt und die Einwohner von Almonte beteten zur Jungfrau von El Rocío und baten um ihre Befreiung. Als 1813 die Franzosen endlich vertrieben werden konnten, legten der Stadtrat, die Gemeinde und die Bruderschaft von Almonte ein förmliches Gelübde ab, die frühen Morgenstunden des 19. August in El Rocío zu verbringen und am nächsten Morgen eine feierliche Messe in der Kapelle abzuhalten, um der Jungfrau von El Rocío zu danken. 1913 wurde das erste hundertjährige Bestehen der Überführung der Marienfigur nach Almonte gefeiert, das als „Rocío Chico“ bekannt ist, das seitdem alle sieben Jahre stattfindet.
Im Jahr 1961 beschloss der Rat der Bruderschaft von Almonte den Bau eines neuen Heiligtums, das vom Bischof von Huelva gefördert wurde, der am 26. Januar 1964 den Grundstein legte. Es wurde von den Architekten Alberto Balbontín de Orta und Antonio Delgado y Roig mit einem Grundriss in Form eines lateinischen Kreuzes, drei Schiffen, einem Triforium und der Hauptkapelle auf der Rückseite entworfen. Die Einsiedelei wurde am 12. April 1969 vom damaligen Bischof von Huelva, José María García Lahiguera, eingeweiht, und am Sonntag, dem 13. April, betrat die Virgen del Rocío zum ersten Mal ihren neuen Tempel.
Zu Pfingsten versammeln sich hunderttausende von Anhängern aus der Region im Dorf El Rocío (Provinz Huelva). Viele Bruderschaften benützen für die Wallfahrt überdachte Wagen. Es gibt auch diejenigen, die die Strecke in Jeeps, Pferdekutschen, zu Pferd oder zu Fuß zurücklegen.
Die Planwagen, die für die Pilgerfahrt verwendet werden, sind wunderschön geschmückt, die Pilger in bunte Flamencogewänder gekleidet. Der gesamte Pilgerweg ist von Staub, Gesängen zu Ehren der Jungfrau von El Rocío und Tänzen geprägt.
Am Tag des Aufbruchs feiert die Bruderschaft eine Messe. Anschließend laden sie ihr Banner mit der Virgen del Rocío, den so genannten Simpecado, auf einen Karren, mit dem sie die Reise antreten. Der Simpecado-Karren wird in der Regel von Ochsen oder Maultieren gezogen, deren Köpfe mit Stirnbändern geschmückt sind.
Bruderschaften
Die erste Bruderschaft, die das Dorf El Rocío erreicht, ist die Hermandad de Almonte, die die 15 Kilometer von der Stadt Almonte über den Camino de los Llanos zurücklegt. Sie wartet dann im Dorf auf die übrigen Bruderschaften.
Die Bruderschaften aus der Provinz Cádiz kommen über Sanlúcar de Barrameda, überqueren die Guadalquivirmündung mit einer kleinen Fähre, um durch den Nationalpark Coto de Doñana zu pilgern, wobei ihr Streckenverlauf und Übernachtungsplatz genau festgelegt ist, um nach El Rocío zu gelangen.
Aber auch aus weiter entfernten Städten wie Sevilla oder Granada brechen Bruderschaften nach El Rocío auf. Heute nehmen über 120 Rocío-Bruderschaften aus ganz Spanien offiziell an den Veranstaltungen teil. Während der drei Tage, die normalerweise im Dorf verbracht werden, beherbergt dieses – das unter dem Jahr um die 1.700 Einwohner zählt – mehr als eine Millionen Menschen, Pilger aber auch Besucher.
Im Dorf angekommen, werden die Simpecados vor dem Haupttor der Einsiedelei präsentiert, wo sich bereits die Bruderschaft von Almonte befindet. Sie ist die grösste und wichtigste Bruderschaft, die für die Organisation, die Prozession und den Empfang der Bruderschaftn zuständig ist, die ursprünglich am Pfingstsamstag stattfand. Seit 2013 wurde diese Präsentation aufgrund der großen Anzahl von Bruderschaften auf zwei Tage verteilt: Freitag und Samstag. Die Bruderschaften ziehen in Reihenfolge ihres Dienstalters mit ihrer Standarte zum Eingang der Kirche, während die Glocken läuten und der Marienfigur Gesänge gewidmet werden.
Am Morgen des Pfingstsonntags findet in der Kirche eine Messe statt, die in der Regel vom Bischof von Huelva zelebriert wird. Sie wird von den Pilgern mit allen Simpecados besucht. Jedes Jahr singt ein anderer Chor bei dieser Messe. Am Nachmittag findet eine weitere Messe statt, die als Messe der Böllerschützen, Trommler und Fuhrleute bekannt ist. Der Böllerschütze ist eine wichtige Figur bei der Rocío-Wallfahrt. Er ist derjenige, der bei den Prozessionen oder der Übergabe der Simpecados der Bruderschaften die Raketen zündet und dadurch die freudige Pilgerreise der Pilger ankündigt. Anschließend wird auf der Plaza de Doñana der Rosenkranz mit den Bruderschaften gebetet.
In den frühen Morgenstunden von Sonntag auf Montag findet der sogenannte „Salto de la Verja“ statt, bei dem die Mitglieder der Bruderschaft von Almonte über die Absperrung, die den Hauptaltar umgibt, klettert (ein Brauch, der aus den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts stammt), um die Jungfrau von El Rocío auf einem silbernen Podest aus der Kirche zu holen und in einer Prozession auf ihren Schultern zu tragen. Die Prozession, die durch eine grosse Menschenmenge führt, die die Marienfigur berühren möchten, dauert bis zur Mittagszeit an, dann wird sie wieder in das Heiligtum zurückgebracht. Am nächsten Tag treten die Bruderschaften ihren Heimweg an.
Während der Pilgerfahrt kommen Tausende von Menschen in den Doñana-Nationalpark, was eine große negative Umweltauswirkung auf dieses einzigartige und geschützte Ökosystem hat. Die größte Bedrohung ist die unkontrollierte Zunahme der Zahl der Kraftfahrzeuge, vor allem der Geländewagen, die beim Befahren der Straßen Lärm, Rauch und Bodenschäden verursachen. Einige der Bruderschaften sind damit einverstanden, die Zahl der Geländewagen zu begrenzen, da sie nicht nur schwerwiegende Umweltprobleme verursachen, sondern auch nichts mit der traditionellen Pilgerreise zu Fuß oder zu Pferd zu tun haben. Was ursprünglich eine religiöse Wallfahrt war, hat sich nach und nach zu einem Fest entwickelt, bei dem Tag und Nacht Böller und Raketen gezündet werden, Musik aus Verstärkern dröhnt und Unmengen von Müll hinterlassen werden. Diese Lärmbelästigung ist ein weiterer offensichtlicher Faktor, der sich auf die Fauna von Doñana auswirken kann. Viele Wildtiere, wie z.B. der Iberische Luchs, der vom Aussterben bedroht ist und im Nationalpark Coto Doñana noch einen seiner wenigen natürlichen Lebensräume findet, fliehen an den Tagen der Wallfahrt aus ihrem Lebensraum und suchen kilometerweit entfernt Zuflucht, und es wird wahrscheinlich lange dauern, bis sie zurückkehren. In einigen Fällen können die Menschenmassen und der Lärm dazu führen, dass Altvögel, z.B. des Kaiseradlers, das Gebiet verlassen und ihre Jungen zurücklassen, die verhungern, bevor sie zurückkehren. Eine der offensichtlichsten Auswirkungen, nachdem der Pilgerweg El Rocío Doñana durchquert hat, ist die enorme Menge an Müll und Fäkalien, die sich auf dem Weg ansammelt, die von Tausenden von Pferden und Menschen erzeugt werden. Aber auch die Brandgefahr nimmt immer mehr zu, durch Glas, das achtlos weggeworfen wird und mit der hohen Sonneneinstrahlung Brände verursachen kann. Viele dieser Tausenden von Pilgern sind sich dieser Problematik bewusst und führten vor Jahren einen Slogan ein: „Es ist dein Weg. Halte ihn sauber“.